Facebookmorphose: Folgeschwere Effekte der neusten Content Updates?
01.08.2015 Aliaksei Elyashevich | Allgemein, Social Trend
Facebook ändert gerne mal Regeln, AGB oder auch Algorithmen.
Am 21. April 2015 gab es gleich drei Änderungen mit großer Auswirkung auf den News Feed. Direkt am 12.05.2015 kam die nächste wichtige Neuerung – Instant Articles – hinzu.
Müssen wir nun alles anders machen? Welche Auswirkungen haben die Neuerungen wirklich?
Facebookmorphose: Folgeschwere Effekte der neusten Content Updates?
Immer wieder verändert sich Facebook…
Bereits vor einiger Zeit hat Facebook das erste Mal in die Übersicht unseres News Feed eingegriffen und dadurch großen Einfluss darauf genommen, welche Inhalte uns direkt ins Auge fallen und welche nicht. Durch die Filterung und Bewertung der einzelnen Beiträge sehen wir bei “Hauptmeldungen” nur noch das, wovon Facebook der Meinung ist, dass es uns interessiert. Da Facebook uns ja perfekt kennt und analysiert hat, spart es uns die Arbeit selbst zu überlegen, was wir sehen wollen und was nicht – zumindest so die Theorie.
Um alle Inhalte weiterhin chronologisch im News Feed sehen zu können, muss man die Ansicht manuell von “Hauptmeldungen” auf “Neuste Meldungen” umstellen. Dann bekommt man wieder alles mit.
Diese 3 großen Änderungen beeinflussen den Newsfeed und die Selektion der Inhalte:
Neverending Story
Facebook möchte nicht, dass unser Newsfeed endet. Je länger wir nach unten scrollen, umso länger sollen wir mit Inhalten versorgt werden. Schließlich sollen wir keinen Grund bekommen, auch nur darüber nachzudenken, wo anders weiter zu surfen. Also muss ständig neuer Content her.
Bisher wollte Facebook aus Qualitätsgründen gleichzeitig jedoch immer vermeiden, dass sich Inhalte wiederholen. Aus dem Grund achtete der Algorithmus darauf, dass es zu keiner Dopplung im Feed kommt.
Mit dem neuen Update heißt es nun “Masse statt Klasse” und somit zeigt Facebook nun auch Inhalte der gleichen Quelle mehrfach an. Diese Änderung ist vor allem für Nutzer mit wenigen Freunden und wenigen abonnierten Seiten relevant. Bereits gesehene Inhalte tauchen wieder auf. Für Werbetreibende hat dies keine erwähnenswerte Bedeutung.
Push Up your Friends
Der Post vom neuen Auto des Kumpels ist interessanter als die Schlagzeile auf N24. Der Beziehungsstatus Deiner Klassenkameradin interessiert Dich mehr als das neuste Video von Deiner Lieblings-Fun-Page.
Auch das hat Facebook jetzt umgesetzt: Meldungen von Freunden werden bevorzugt im Newsfeed angezeigt. Deine persönliche Freundschaft unterwirft die Fanpage.
Feed to Trash and Optimization
Man könnte meinen, die NSA bespitzelt Deine Freunde und liefert Dir Bericht: Die Benachrichtigungen darüber, was Deine Freunde posten, liken oder kommentieren, liefen bisher am rechten Rand als “Benachrichtigungs Feed”.
Dieser Feed fliegt jetzt auf den Müll. Facebook sagt: Die meisten User halten diese Informationen für unwichtig.
An dieser Stelle wird der Werbetreibende die ersten Panik-Attacken bekommen: Der User bekommt nicht mehr mit, was seine Freunde machen? Muss ich jetzt mein ganzes virales Marketing über den Haufen werfen?
Nein. Facebook integriert die Aktivitäten Deiner Freunde nach wie vor. Schließlich haben die anderen beiden Innovationen dieses Pakets gezeigt, dass gerade Deine Freunde im Vordergrund stehen sollen.
Die Unterstreichung dieser Update-Trilogie liegt beim Newsfeed. Genau dort finden wir die Aktivitäten Deiner Freunde noch optimierter wieder.
Instant Articles
Nach vielen Spekulationen und auch einigen Fehlinterpretationen in der ein oder anderen Presseredaktion kündigte Facebook nun am 12.05.2015 offiziell die Instant Articles an. Sogar eine eigene Landingpage widmet Facebook dieser Thematik. Damit ist nach den drei ersten Updates im Umgang mit Content nun ein weiterer großer Schritt gesetzt, der auch viel über die Strategie von Facebook für die Zukunft ableiten lässt.
Was ist denn jetzt so Instant an diesen Artikeln?
Die Formel der Instant Articles ist einfach: große Content Geber + 1,4 Milliarden Facebook-Nutzer + schnelle Ladezeit + Zusatzfeatures für den Inhalt = das perfekte Content-Kartell
Bisher postet ein Content Geber einen Link mit entsprechender Beschreibung auf seiner Fanpage. Der Inhalt an sich liegt auf einer externen Homepage, der Link hingegen soll so viele Facebook Nutzer wie möglich innerhalb des Portals erreichen. Diese klicken auf den Link und kommen zum externen Content.
Facebook Content Next Generation
Der externe Inhalt fusioniert mit dem Portal. Statt einem externen Link wir der Inhalt auf Facebook direkt publiziert. Der Facebook-Nutzer kommt schneller und mit weniger Ladezeit ans Ziel. Facebook schenkt dazu noch ein paar zusätzliche Features. Dafür regiert Facebook den Content.
Über die Aufteilung von Werbeeinnahmen gibt es keine offiziellen Infos. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass sich diese an jeweils beide Partner zerstückeln und ein Großteil beim Content-Geber verbleibt. Schließlich will Facebook das Angebot ja auch sehr schmackhaft gestalten.
Instant Articles gibt es beim Start nur für iPhone/iOS. Die anderen Nutzer müssen sich noch ein wenig gedulden.
Als große Launch Partner sind unter anderem Spiegel Online (derzeit 850.000 Fans) und Bild (derzeit 1,7 Mio Fans) angekündigt. Einen ersten Eindruck von Instant Articles kann man – wie gesagt nur mit iOS – auf der Facebook-Infoseite bekommen.
Was heißt das jetzt für den User…
Der User ist objektiv gesehen der große Gewinner der Updates. Der aufgemöbelte Newsfeed enthält mehr Infos von den direkten Freunden und wird nicht durch hyperaktive Fanpages überflutet. Die interessanten Reste des abgelutschten Aktivitätenstreams gibt es nun generalüberholt und schön übersichtlich in den News Feed mit eingebaut.
Die Instant Articles bringen für den iOS User schon jetzt den zusätzlichen Nachschlag. Die restlichen Nutzer werden vermutlich ebenfalls bald ihr Facebook-Leben durch diese neue Content-Generation versüßt bekommen.
Fazit: Sofern man keinen extra Feed für die Aktivitäten seiner Freunde braucht, kann man sich über den angereicherten News Feed freuen und wird die neue Selektion der Inhalte genießen können, als iOS User sogar zusätzlich den Reiz der Instant Articles.
…und was für den Werbetreibenden?
Wo es Gewinner gibt, gibt es leider oft auch Verlierer.
Durch die Priorisierung der Freunde im Newsfeed, ist die Verbreitung von Inhalten deutlich schwieriger geworden. Man wird für bezahlte Hervorhebungen künftig noch tiefer in die Tasche greifen müssen, um die gewünschte Wahrnehmung zu erhalten. Da Instant Articles nur den großen Content Gebern zur Verfügung stehen, wird der eigene Content erstmal zweitklassig.
NICHT RICHTIG ist die These, dass man nicht mehr auf virales Marketing setzen soll, weil der Aktivitäten Feed weggefallen ist. Stattdessen ist es umso WICHTIGER, dass die Inhalte für Fans der Seite interessant sind und eine Interaktion auslösen. Ist der Artikel so interessant, dass er geteilt oder kommentiert wird, gerade dann und nur dann wird dieser Artikel die hohe Wertigkeit eines Freundes erreichen. Wir müssen uns ganz klar bewusst machen, dass jetzt umso mehr der virale Effekt den entscheidenden Triumph herbeiführt.
Mit Bedacht sollte man sich auch im Hinterkopf bewusstwerden, dass durch die enge Verschmelzung des Contents und der Plattform zu Instant Articles wird Facebook immer mehr Einfluss auf das bekommen, was viele Milliarden Nutzer sehen. Die Entwicklungen überspringen den Step der Suchmaschinen und setzen dem User den Content vor, bevor er überhaupt weiß, was er überblicken will, und zensieren gleichzeitig klammheimlich unwillkommenen Content.
Vielen Gerüchten zufolge geht die Entwicklung von Facebook auch zum “Content außerhalb der Community”. Inhalte von Facebook sollen dann auch außerhalb von Facebook zu sehen sein.
Wenn man nun all diese Entwicklungen und Strategien im Einklang betrachtet, so ist das Potenzial sehr groß, dass irgendwann Suchmaschinen wie Google bedeutungsloser werden oder komplett untergehen.
Ziehen wir das Resümee für den Werbetreibenden:
Für eine erfolgreiche Nutzung von Facebookseiten müssen wir noch mehr auf qualitativen Content achten und uns verstärkt der Mitwirkung des Users bedienen. Virale Effekte sind noch entscheidender, vor allem da es schwerer geworden im Newsstream des Nutzers direkt aufzutauchen. Facebook wird sich noch stark weiter entwickeln und die Verbreitung des Contents noch weiter steuern. Dadurch können weitere Chancen und auch viele neue Herausforderungen entstehen. Es gilt: dranbleiben und die Entwicklungen belauern.